Auswanderungsgesuch von Margaretha Alberthin aus Höhefeld an die "Auswanderungsbehörde" der Grafschaft Wertheim im Jahre 1766
Hier der übersetzte Text des Antrages zur Auswanderung
Durchlauchtigster Reichs-Fürst, gnädiger Fürst und Herr !
Eure Hochfürstliche Durchlaucht geruhen gnädigst zu erlauben in
aller tiefester Erniedrigung vortragen zu dürfen; was gestalten ich
Margaretha Alberthin zu Höhefeld willens bin, nach Russland zu ziehen,
um daselbst meine Nahrung und mein Glück zu suchen, weilen ich allhier
als arme Waise fast von Jedermann verlassen bin, an Nahrungsmittel nicht
viel habe, und kaum ein Stückchen Brot durch tägliche Arbeit zuwegen bringen
kann, also mich die äußerste Not dazu bewegt, mein Glück außerhalb zu
suchen, weilen ich auch noch jung bin, und der Arbeit vorzustehen ich mich nicht
fürchte, also hinweg zu ziehen.
Also habe ich mich daher in aller tiefester Erniedrigung erkühnen wollen,
Eurer Hochfürstlichen Durchlaucht in aller tiefesten Erniedrigung zu implorieren
und anzuflehen, Hochdieselben möchten doch mir armen Waisen die
Hohe Gnad angedeihen, und die nötige manumission zur Beförderung
meines zeitlichen Glücks und Nahrung gnädigst zu statten kommen lassen.
Gnädigster Erhörung dieses meines Submissesten Bittens, mich zuversichtlich
getröstend, verharre in profondester Ehrfurcht
Eurer Hochfürstlichen Durchlaucht untertänigste Magd, Margarethe Alberthin,
Phillipp Alberts in Höhefeld hinterlassene Tochter.
Als Reaktion auf das Manifest der Zarin Katharina II. von 1763 bat eine junge Waise aus Höhefeld die Verwaltung der Grafschaft Wertheim um Entlassung aus der Leibeigenschaft. Als Grund gab die Waise an, dass sie aus äußerster Not ihr Glück außerhalb suchen möchte, in Russland. Das Gesuch wurde bewilligt. Voraussetzung war eine Aufstellung des Vermögens.
Margaretha Alberts Schulden beliefen sich auf 66 Gulden. Das Vermögen der Waise, darunter vermutlich ein kleines Haus wurde an den Meistbietenden für 177 Gulden öffentlich verkauft.
5 1/2 Gulden, etwa fünf Prozent des Vermögens, musste die Waise für die Entlassung aus der Leibeigenschaft zahlen.
Da bei früheren Auswanderern (nach Amerika) in den Jahren zuvor bis über 20 Prozent abverlangt wurden, ist zu vermuten, dass die Auswanderung des Mädchens von der Verwaltung auf lange Sicht als ein Vorteil angesehen wurde; schließlich sagte die Waise selbst, dass sie kaum ein Stückchen Brot durch tägliche Arbeit erwerben könne.
Sicherlich hatte sie keine Ahnung, welche Strapazen ihr bevorstanden, nämlich eine Entfernung von rund 4000 Kilometern, und dies in einer Zeit, da als Transportmittel nur kleine Schiffe und Fuhrgespanne auf schlechten Wegen zur Verfügung standen.
Quellenangabe: "Archivverbund Main-Tauber" Quellenbeilage Nr. 23, Archivnachrichten Landesarchiv Baden-Württemberg, November 2001. Autor Hugo Eckert.
und http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=7-288928